XXIII. Am Rande der Zivilisation

Nach ein­er vier­stündi­gen Fahrt mit Abdus Junior Sal­van (22 J.) und Fre­und in Vaters Offroad­er sind wir hier auf 2.500 Fuss in den Kaf­fee- und Pfef­fer-Bergen von Wayanad gelandet. Die let­zten 6 km auf und ab über unebene Feld­wege. Hier hat Abdu Rasack vor 12 Jahren 60 Mor­gen (ca. 24ha) Land gekauft mit zwei älteren Häusern drauf. Das obere, zeit­gemäss ren­ovierte Haus ist seine Ferien­woh­nung, für Fre­unde, Gäste und Fam­i­lie. Das untere ist das herkömm­lich funk­tion­ierende Farmhaus. Hier kocht Shirly an fünf Arbeit­sta­gen das Mit­tagessen für die vier Tagelöh­n­er während der drei­monati­gen Ern­tezeit; diese Woche auch für uns. Dasen ist der Chef das ganze Jahr hin­durch und ste­ht in direk­tem Kon­takt mit Mr. Rasack. 

Pfef­fer­land!

Früh­stück und Aben­dessen müssen wir allerd­ings sel­ber organ­isieren (und kochen). Die Pfef­fer­ernte liegt schon an der Sonne und wird Ende Woche / Monat einge­sackt. Die Kaf­feeernte war im Jan­u­ar, und die Betel­nussernte von Dezem­ber ist inzwis­chen (zusam­men mit Shell­som) ver­pul­vert und dem Kautabak beigemis­cht. Vor allem Män­ner kon­sum­ieren das, weil eine bessere Erek­tion und eventuell fol­glich ein höher­er sex­ueller Genuss fol­gen sollte. Lei­der bekommt man davon unap­peti­tliche rot-bräun­liche Zähne und Lip­pen (ii kitik­it!).

Am ersten ganzen Tag sind wir die let­zten 6–7 km zurück zum Dorf gelaufen und haben dort eine junge Schweiz­erin getrof­fen, die Jura studiert hat, und in Noir­mont, Jura, wohnt und geboren ist. Allerd­ings sind bei­de Eltern chi­ne­sis­ch­er Herkun­ft, und sie spricht kein Wort Deutsch! 

Am zweit­en Tag sind wir 3 km zum Dorf (Kaff) den Wild­bach hin­unter gestiegen, wo alle sechs Arbeit­er, die hier tätig sind, herkom­men. Sie gehen diesen steilen, engen Weg täglich zweimal!

Und ihr wollt es vielle­icht nicht glauben oder langsam lang­weilig find­en, aber wir spie­len bei­de noch sehr gerne Schach; im Schnitt min­destens 2–3 Mal pro Tag, Hart auf Hart, ohne Rück­sicht. Es wird nur geopfert falls Vorteile daraus erwach­sen könnten! 

Am Nach­mit­tag kam der Besitzer vom Riesen­haus und hat uns per­sön­lich ein­ge­laden, Don­ner­stag um 16.00h waren wir dort. Es ist kein Deutsch­er, son­dern ein in Ameri­ka geboren­er, in Kenia zu Geld gekommen­er, dessen Mut­ter Amerikaner­in ist, sein Vater ist aber Inder. 

Ich habe inzwis­chen her­aus­ge­fun­den, dass hier in der Gegend alle nicht indisch ausse­hen­den Män­ner als «Ger­man» beze­ich­net wer­den, ver­mut­lich weil die Deutschen früher ihre Frauen wegge­heiratet haben!

Am drit­ten Tag (Don­ner­stag), besuchen wir vielle­icht einen deutschen Mul­ti­mil­lionär mit einem viereck­i­gen Haus, das so gross ist wie unser Haus. Auf ein­er Anhöhe gebaut, mit 6 Schüs­seln auf dem Dach, ein paar hun­dert Meter unter­halb von unserem Grundstück. 

Wir soll­ten am Fre­itag wieder zurück nach Mukkam, um uns zum drit­ten Mal von Wern­er und Ireen zu ver­ab­schieden. Und weil dort am Sam­stag eine grosse Ver­samm­lung stat­tfind­et, zu der alle ehe­ma­li­gen Patien­ten und Mitar­bei­t­en­den des Natur­opa­thy Hos­pi­tals ein­ge­laden sind, um neues Leben in der «Brauerei» auf­blühen zu lassen! Und ich kenne viele davon, nach 13 Jahren und 2 Wochen, das entspricht ins­ge­samt einem hal­ben Jahr kuren! Und mit Sashi zusam­men macht das nach Adam Riese ein ganzes Jahr! Am 29. Feb­ru­ar (Schrikkel­jaar!) um 9 Uhr früh fängt’s an. Um 13 Uhr gibt’s Essen für bis zu 100 Leute, und um 16 Uhr ist‘s zu Ende. Dann wird’s für mich aber höch­ste Zeit zu pack­en, denn ich muss gegen Mit­ter­nacht am Flughafen Cali­cut sein!

Ein­mal vorne, ein­mal hinten…

Wir machen hier im Dschun­gel zweimal pro Tag ein Feuer. Es liegt ja mehr als genug altes Holz herum. Beim Son­nenauf­gang zum Durch­wär­men. Vorne und Hin­ten! Heizung ist hier nicht nötig, aber am Mor­gen ist es feuchtkühl.
Und bei Son­nenun­ter­gang ein Freudenfeuer.